Projektionen und gesunde Ent-Täuschungen

Projektionen und (gesunde) Ent-Täuschungen

Eine Chance zur Weiterentwicklung in der Beziehung.

 

Bei einer Projektion übertragen wir z.B. eigene Wünsche, Sehnsüchte, Eigenschaften... auf eine andere Person.

Die wohl angenehmsten Projektionen finden bei frisch Verliebten statt. Wir sehen im Anderen das, was wir uns selbst erhoffen, wie wir selbst gerne wären und  nehmen Gemeinsamkeiten viel stärker war.

Er/ Sie erscheint uns als der Traummann oder die Traumfrau.

 

Meist findet nach einiger Zeit eine "gesunde" Ent-Täuschung statt:

Wir entdecken im Alltag, dass der Traumpartner keineswegs, oder nicht nur so ist, wie wir uns ihn oder sie vorgestellt haben.

Die sog. rosarote Brille verschwindet und im Idealfall ergibt sich ein realistischeres Bild des Gegenüber. Dadurch kann der/ die Andere anders wahrgenommen und Neues entdeckt werden.

Die Täuschung, die ich mir selbst gab wird bewusst und aufgedeckt, also ent-täuscht....

Das ist mit mehr oder weniger Schwierigkeiten verbunden.

Aus der anfänglichen Verliebtheit kann sich so  eine erfüllende, realistische(re) und  tiefe Liebe entwickeln,  wenn die Diskrepanz zwischen Täuschung und dem Realbild nicht zu groß ist.

Solche Ent-Täuschungen sind wichtig und finden im Laufe einer Beziehung immer wieder einmal statt.

Der Umgang damit kann unterschiedlich sein:

 

Kampfmodus - Resignation - Trennung

 

Gehe ich in den Kampfmodus und bekämpfe nach anfänglicher Verleugnung die unliebsamen Eigenschaften des anderen?

Die Folge kann ein Dauernörgeln und Den-Andern-erändern-wollen sein, das letztendlich in eine Resignation "Männer halt"

oder "Frauen halt..." mündet. Schließlich kann dieser Zustand über kurz oder lang zu einer Trennung führen.

Der eigentlich dahinter liegende Umgang mit nicht erfüllten eigenen Sehnsüchten, Wünschen, (unliebsamen oder angestrebten eigenen) Eigenschaften wird nicht bewusst. Dann wird diese Situation nicht bewältigt und wirklich abgeschlossen und kommt bei der nächsten Beziehung -mal früher, mal später- wieder zum Vorschein.

Dann entstehen Sätze wie: "Immer gerate ich  an den/ die Falsche(n)..." -ein Zeichen für eine sog. noch offene Gestalt, die dann in jeder neuen Beziehung irgendwann reaktiviert wird.

 

Meist liegt der Kern solcher offenen Gestalten vor allem in vorhergenden Beziehungserfahrungen.

Der Umgang damit hängt viel mit der eigenen Vergangenheit zusammen:

Wie gehe ich grundsäztlich mit schwierigen Situationen um?

Welche unerfüllten Wünsche, Sehnsüchte, Enttäuschungen gab es früher in meinem Leben?

Wie gingen meine Eltern/ Vorbilder mit solchen Sitautionen um?

 

Enttäuschung als Chance

 

Diese Enttäuschungen können auch genutzt werden um sich selbst noch besser kennenzulernen.

Ich kann mich fragen:

Worin habe ich mich genau getäuscht?

Warum triggert mich z.B. eine bestimmte Eigenschaft des anderen so?

Wo habe ich meinen Pater/meine Partnerin idealisiert?

Was lehne ich ab?

Woher kenne ich das?

Wäre ich selbst gerne anders und stelle ich fest, dass ich beim Anderen das verurteile, was ich vielleicht selbst nicht an mir mag?

Habe ich selbst ein "Idealbild" von mir, das ich immer anstrebe und erwarte von meinem Partner das er/sie das (für mich) erfüllt?

 

Wenn ich mich ehrlich mit solchen Fragen auseinandersezte, kann ich solche Projektionen zu mir zurücknehmen und

mein Gegenüber anders wahrnehmen.

Im besten Fall findet ein Austausch mit meinem geliebten Menschen statt, der zur persönlichen und gemeinsamen Weiterentwicklung beiträgt.

 

 

Grundsätzlich:

 

Projektionen vermeiden zu wollen ist unrealistisch, denn:

 

Neue Situationen werden immer mit bisherigen Erfahrungen abgeglichen und entsprechend eingeordnet. Gleiches wird wiedererkannt und macht vertraut, lässt uns schneller mit einer neuen Situation zurechtkommen. Jeder projiziert also alte Erfahrungen auf neue Situationen.

In der ersten Phase der Verliebtheit ist das auch außerordentlich wichtig.

So entsteht eine enge und gefühlsmäßig starke Bindung, die die Basis für eine tiefe und langfristige Beziehung legt.

Eine Projektion und die damit verbundenen Enttäuschungen sind im weiteren Verlauf aber wichtig um sich für sich und miteinander weiterentwickeln zu können.

 

Ein Problem entsteht, wenn alte Erfahrungen mit tiefen Wunden verbunden sind, die noch nicht bewältigt wurden.

Alte, tiefsitzende Beziehungserfahrungen aus der Vergangenheit  ohne hilfreiche Umgangsstrategien stehen dann im Weg und machen ein Weiterkommen nicht möglich. Altes muss dann erst gesehen und gewürdigt werden um es abschließen zu können.

Dann bekommen sie einen neuen Platz im bisherigen "Erfahrungskatalog".

Anschließende neue Erfahrungen können dann vor diesem Hintergrund neu bewertet und eingeordnet werden.

Dabei kann eine Therapie mit "einem Blick von außen" helfen.

 

Ich wünsche Ihnen gesunde Ent-Täuschungen, die Sie wachsen lassen!

 


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