Sich selbst ein guter Musiklehrer sein - die Kraft der Vorstellung nutzen

Veröffentlicht am 18. Juni 2025 um 15:27

Kürzlich selbst erlebt:

 

Ich sitze am Klavier, Generalprobe mit der Gesangsgruppe, in einer Stunde  beginnt das Konzert und ich bin  aufgeregt.

Vor einem Musikstück habe ich etwas Angst, denn es liegt mir buchstäblich nicht so gut in der Händen. Die Sprünge auf den Tasten sind weit und bei zuviel Aufregung und Anspannung verkrampfen sich meine Finger so, dass erst recht nichts möglich ist...

Wenn ich mir dann noch die vielen Zuhörer vorstellte und merke, dass auch die Leiterin der Gesangsgruppe etwas angespannt ist...oje!

Ich muss also unbedingt etwas gegen die Anspannung und Aufregung tun!

 

In einer kurzen Probenpause nehme ich mir etwas Zeit um meine Anspannung in meinem Körper wahrzunehmen, die damit verbundene Aufregung und Versagensangst. Wo hatte ich das schon mal erlebt und was hat mir damals dabei geholfen?

 

Ich  erinnerte mich an meine allerersten Auftritten mit dem Chor meines Musiklehrers. Trotz der Aufregung damals als Anfängerin habe ich diese Auftritte als sehr positiv in Erinnerung. Ich war immer zufrieden mit dem Ergebnis und mir machte es Spaß.

Mein damaliger Musiklehrer hatte eine unheimlich bestärkende und positive Art, er traute mir voll und ganz zu den Auftritt gut zu meistern. Er GLAUBTE AN MICH und gab mir immer das Gefühl, dass er gerne zusammen mit mir musiziert.

Der damalige Chor war mir als Anfängerin sehr wohlgesonnen und alle freuten sich, dass eine junge Frau sich für solche Musik begeisterte. Gestärkt durch diese tollen Kontakte konnte ich entspannter in diese Auftrittsituationen gehen und allmählich machte die Aufregung und Versagensangst der Freude an der Musik, dem gemeinsamen Musizieren und dem Spaß daran Platz. Es war eine tolle Zeit und sehr positiv prägend für mich damals.

 

Warum also  diese Erinnerung daran nicht  auch jetzt nutzen?

Und so  "holte ich mir meinen damaligen Musiklehrer bewusst her" indem ich ihn mir in allen Einzelheiten vorstellte:

seine lockere Haltung, seinen offenen und wohlwollenden Blick wenn er  mir den ersten Einsatz gibt und mich mit  einem bestärkenden Nicken und Dirigat begleitet. Ich stellte mir die Situation so genau wie möglich vor, mit allen Sinnen (das innere Bild, meine körperliche Reaktion, die Gefühle und Empfindungen dabei usw.).

 

Es funktionierte und ebenso wie damals gewann die Freude am gemeinsamen Musizieren und der Spaß daran wieder die Oberhand.

Es wurde ein toller Abend und wie damals war ich echt  zufrieden mit meiner musikalischen Begleitung!

 

Was war passiert bzw. was habe ich SELBST gemacht?

 

Zuerst einmal habe ich mir meine Ausgangssituation HIER UND JETZT bewusst gemacht, sie wahrgenommen:

auftauchende körperliche Reaktionen, damit verbundene Gefühle, Gedanken, Bilder usw.

Ich habe alles zugelassen, ich DURFTE SEIN, mit allem, was jetzt gerade ist.

 

Dann stellte ich mir die Frage, was mir in früheren Situationen schon geholfen hatte und so konnte ich mich an die positive Erfahrung mit meinem Musiklehrer erinnern.

Diese habe ich mir dann bewusst "hergeholt"  und ebenfalls so genau wie möglich erlebt:

-als Bild (wie hat mein Lehrer ausgesehen, gewirkt?)

-körperliches Empfinden (Entspannung)

-Gefühle (Bestärkung, Freude an der Musik/dem gemeinsamen Musizieren)



Alte Erlebnisse (positiv und negativ) sind körperlich, geistig und gefühlsmäßig abgespeichert.

Alle drei Bereiche sind IMMER involviert und werden aktiviert, sobald ein Bereich wahrgenommen/angesprochen wird. 
Gestalttherpie ist deshalb so effektiv, weil sie z.B. sich einem Problem/ einer Ressource/ einer Lösung nicht nur "kopfmäßig" nähert, sondern immer alle Bereiche miteinbezieht. Dadurch werde ich in meinem ganzen Sein angesprochen. Es geht darum durch verstärkte Wahrnehmung sich aller Bereiche und der individuellen Bedeutung für mich bewusst zu machen. Daraus kann ich dann für mich stimmige Entscheidungen treffen/Wege gehen, die im Einklang mit mir stehen. Vergangene positive Erlebenisse kann ich nutzen, wenn ich sie mir so genau wie möglich vorstelle. Je genauer ich sie wahrnehme, desto besser nutzbar sind sie für mich in anderen Situationen.

 

Es ist immer möglich herausfordernde Situationen und  Vergangenes auch im Nachhinein anders zu erleben.

Das hat nichts mit "Schönreden" reden zu tun, wichtig ist erst einmal, dass alles was in diesem Zusammenhang auftaucht SEIN DARF und GEWÜRDIGT wird. Erst dann kann ich mein Erleben/ meine Sichtweise auch auf Schmerzliches ändern.

 

In diesem Sinne, werden Sie sich selbst ein bestärkender Musiklehrer :-)

 


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